Flucht & Migration

Flucht & Migration

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Eine Vortragsreihe der SBB Kompetenz gGmbH in Kooperation mit der
Universität Hamburg.

Als Teil der Stiftung Berufliche Bildung steht die SBB Kompetenz gGmbH für die berufliche Orientierung und Qualifizierung bildungsmäßig und sozial benachteiligter Menschen. Da wir in allen Bereichen unserer Angebote einen hohen Anteil von Menschen mit eigener oder familiärer Migrationserfahrung haben, ist die Kenntnis von Umständen, Hintergründen und Problemen geflüchteter Menschen und Migrant:innen von großer Bedeutung.

Aus diesem Grund freuen wir uns unseren Vortragsreihen Begegnungsräume zu schaffen und in der Wissenschaft und Praxis in den Dialog treten.

Donnerstag 4. Mai von 14:30 – 16:30 UHR
„SYRISCH-PALÄSTINISCHE FLÜCHTLINGE“
„Zwischen staatlichen Anerkennungsproblemen und Diaspora-Netzwerken

Prof. Dr. Laila Prager, Institut für Ethnologie, Universität Hamburg

Als 2015 Kanzlerin Merkel sich entschied die Grenzen für die Flüchtlinge aus Syrien zu öffnen, so gab es von Seiten der deutschen Regierung nur eine vage Idee über die sozialen, ökonomischen und ethnischen Hintergründe der zu erwartenden geflüchteten Menschen.  Erst später wurden den deutschen Behörden wirklich klar, dass unter diesen geflüchteten Menschen aus Syrien auch eine nicht zu vernachlässigende Gruppe von sogenannten „Staatenlosen“ existierte, neben den Kurden auch syrische Palästinenser, die seit vielen Jahren – und sogar manchmal Generationen – in Syrien verankert waren. Während die syrischen Palästinenser:innen in Syrien insgesamt sehr gut integriert waren und im Großen und Ganzen über dieselben Rechte verfügten, wie syrische Staatsbürger:innen, so sahen sie sich mit dem Eintreten in Deutschland als gefluchtete Menschen

aus Syrien mit einer Reihe von Problemen konfrontiert, und somit mit einer doppelten Diskriminierung versehen. Anders als die syrischen Flüchtlinge besaßen sie keinen syrischen Pass und konnten somit keinen direkten subsidiären Flüchtlingsstatus erhalten, denn dieser war nur an syrische Flüchtlinge direkt auszuhändigen. Damit einhergehend waren die syrisch-palästinensischen Flüchtlinge von Sprachkursen ausgeschlossen, das Recht auf eine Wohnung, soziale Leistungen und die Aufnahme von Arbeit wurde ihnen ebenfalls nicht zu Teil.  Denn aus der Perspektive Deutschlands und der Ausländerbehörde galten die syrischen Palästinenser nicht als Syrer, sondern als Staatenlose, die – zumindest theoretisch – in ihr Heimatland Israel/Palästina zurückgeschickt werden sollten.

Im Rahmen der Flüchtlingsarbeit mit Syrer:innen und syrischen Palästinenser:innen von Prof. Dr. Laila Prager, wurde sie Zeugin eines außergewöhnlichen Phänomens: Obwohl letztere aufgrund der diskriminierenden deutschen Politik maßgebliche administrative und finanzielle Hindernisse zu überwinden und mit einer stetigen Angst um Abschiebung zu Leben hatten, fanden sie schneller Fuß in Deutschland im Vergleich zu den syrischen Flüchtlingen.

In diesem Vortrag wird Prof. Dr. Prager versuchen dieses scheinbare Paradox zu erklären, indem sie sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen wird:

  • Was sind überhaupt die Probleme, die syrische Palästinenser*innen zu erdulden haben/hatten, weil sie als „Staatenlos“ gelten?
  • Inwiefern unterstützen und verstärken solche starren und unreflektierten Klassifikationen der Ausländerbehörden Ungerechtigkeiten unter geflüchteten Menschen?
  • Auf welche Netzwerke können syrische und syrisch-palästinensischen Flüchtlinge rekurrieren, wenn sie in Deutschland ankommen, und welche Netzwerke verlieren sich im Ankunftsland?
  • Welche Faktoren führten zu einer schnelleren Integration der syrisch-palästinischen Flüchtlinge im deutschen Ankunftsland?
  • Wie sieht die Situation heute aus?

Schließlich wird diskutiert, wie Frau Prager als Ethnologen, die sich mit diesen Fragen beschäftigte dazu kam ein Netzwerk mit verschiedenen Institutionen (Bildungsinstitutionen, FitnessCenter, Jobcenter, etc.) aufzubauen, über 4 Jahre 5 DAF-Kurse wöchentlich an der Universität Hamburg von Studierenden einführte, diese managte und mit Drittmittel finanzierte und schließlich eine Ausstellung zum Thema Flucht und Universität ausrichtete.

Donnerstag 1. Juni | 14:30 – 17:30 UHR
„Ferne Körper. Berührung im digitalen Alltag“

Prof. Dr. Gabriele Klein, Soziologie, Universität Hamburg, Universität von Amsterdam, Ludwig-Maximilians-Universität München
Prof. Dr. Katharina Liebsch, Soziologie, Helmut Schmidt -Universität Hamburg

Im Vortrag „Ferne Körper. Berührung im digitalen Alltag“ gehen die Soziologinnen Gabriele Klein und Katharina Liebsch der Frage nach, wie Nähe, Verbindlichkeit und Vertrauen in digitalen Settings aussehen und wie sie hergestellt werden. Denn anders als in face-to-face-Begegnungen gibt es im Digitalen keinen physischen Kontakt zwischen menschlichen Körpern.  Digitale Berührung funktioniert ohne Hautkontakt durch affektive Einbindung in digitale Kommunikationszusammenhänge.  Geräte, Software, Algorithmen wie auch Videos, Messages, Posts durchziehen den Alltag, transportieren Erfahrungen und schaffen zugleich auch neue Erlebnisse. Wie verändert sich dabei das soziale Miteinander?

Donnerstag 14. September | 14:30 – 17:30 UHR
Neue Bildungssteuerung – Rahmen für eine gerechtigkeitsorientierte
& demokratische Schulentwicklung in der Migrationsgesellschaft?“

Prof. Dr. Mechthild Gomolla, Erziehungswissenschaft, Interkulturelle Pädagogik

Im Gefolge der PISA-2000-Studie wurde sukzessive eine nationale ‚Gesamtstrategie‘ zur schulischen Qualitätsentwicklung implementiert. Diese umfasst internationale und nationale Schulleistungsstudien, indikatorengestütztes Bildungsmonitoring, die Einführung von Bildungsstandards und kompetenzorientiertem Unterricht sowie die Zusammenführung bildungs- und forschungspolitischer Entwicklungen, um anwendungsbezogenes Wissen i.S. einer Evidenzbasierten Bildung zu generieren. Im Rahmen der sogenannten Neuen Bildungssteuerung wird auch ein neuer Umgang mit der wachsenden Diversität der in Schulen repräsentierten Migrationsgeschichten, sozio-kulturellen Lebenshintergründe, sprachlichen Bildungsvoraussetzungen und religiösen Orientierungen postuliert. Anstelle der bisherigen punktuellen Sonder- und Zusatzmaßnahmen (v.a. zur Förderung von Deutschkenntnissen und interkulturellen Bildung) sollen Ziele der Bildungsgerechtigkeit systematisch in die reguläre Schulentwicklung integriert werden. Der Vortrag untersucht mit Hilfe einer Diskursanalyse bildungs- und integrationspolitischer Schlüsseltexte, wie und mit welchen Folgen Ziele der Inklusion, Gerechtigkeit und Demokratie in Verfahren und Instrumente der Neuen Steuerung inkorporiert – und dabei (re-)kon­zep­tua­lisiert, verzerrt oder ausgeschlossen werden. Es wird gezeigt, dass aktuelle Initiativen zum Abbau von Bildungsungleichheit von komplexen Mechanismen der Entpolitisierung des Diskurses unterlaufen werden. Auf z.T. neue Weise werden Schüler*innen und Eltern mit Migrationsgeschichte individuell für Bildungserfolg verantwortlich gemacht und zugleich im Rückgriff auf

ethnisierende und kulturalisierende Zuschreibungen als Defizitträger*innen gegenüber der Schule positioniert, während transformatorische Bildungs- und Schulentwicklungsprozesse tendenziell versperrt werden. Für das Zustandekommen dieser Effekte bilden die Verschränkung von Forschung und Politik als Dimension der Neuen Steuerung sowie der Positivismus der Schuleffektivitätsforschung ein zentrales Scharnier.

Donnerstag 12. Oktober| 14:30 – 16:30 UHR
„Die Integration von Ukrainern im Vergleich zwischen EU Mitgliedstaaten und zwischen Menschen aus der Ukraine und GEAS Flüchtlinge“

Prof. Dr. Jeroen Doomernik, Universität von Amsterdam, Faculty of Social and Behavioural Sciences

Die Ankunft ukrainischer Flüchtlinge in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union erinnerte die Politik plötzlich an ein altes und nie verwendetes Stück europäischer Gesetzgebung: die Richtlinie über vorübergehenden Schutz aus dem Jahr 2001. Sie bietet seinen Begünstigten sofortigen Schutz in jedem Mitgliedsstaat und Ansprüche, die sich nicht von denen der EU-Bürger unterscheiden. Dies steht in krassem Gegensatz zur Behandlung von Asylsuchenden, die bis zu ihrer formalen Anerkennung als Flüchtlinge eine deutlich ungünstigere Position genießen, und sich auch nicht frei durch Europa bewegen dürfen. Dies ist oft nachteilig für ihre spätere erfolgreiche Integration. Dieser Vortrag dient dazu, Lehren aus der schnellen Integration viele Ukrainer zu ziehen, die nützlich sein würden für eine dringend benötigte Überarbeitung des gemeinsamen europäischen Asylsystems. 

Donnerstag 30. November | 14:30 – 17:30 UHR
„Dialog zwischen Menschen unterschiedlicher Religion und Weltanschauung.“
„Neue internationale Ansätze und Beispiele vom interreligiösen Dialog in Hamburg“

Prof. Dr. Wolfram Weiße, Erziehungswissenschaft, Theologie

Genauere Informationen folgen.

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info@sbb-si.de

SBB Kompetenz gGmbH,
Wendenstraße 493, 20537 Hamburg

Ansprechpartner
Jan-Peter-Lehnert,
Fachbereich Sprache & Soziales